Wie kommt es eigentlich, dass Projekte, trotz hervorragender Planung, verspätet, ziemlich verspätet oder sogar nie fertig werden? Ich spreche jetzt nicht von den staatlichen Großprojekten, bei denen jede Menge Politik und Ausschreibungsregularien im Spiel sind. Ich spreche von den Projekten, die tagein-tagaus in allen Organisationen der Welt gestartet werden. Aus einer Studie des Project Management Institute (PMI) von 2017 [1] geht hervor, dass 14% aller Software Projekte ganz scheitern, also abgebrochen werden, 31% zwar beendet werden, ihre Ziele aber nicht erreichen, 43% ihr Budget überziehen und 49% nicht rechtzeitig fertig werden. Und welchen Schluss zieht das PMI daraus? Lernt besser schätzen!
Ich bin davon überzeugt, dass die meisten Projektpläne mit Wissen, Verstand und Sorgfalt von Experten erstellt werden. Dummerweise sind Projektpläne in erhöhtem Maße risikobehaftet, denn sie beziehen sich auf die Zukunft. Es ist deutlich einfacher ein vergangenes Ereignis vorherzusagen als ein zukünftiges. Warum verzögern sich also Projekte, obwohl bei deren Planung die grundlegenden Fragen der großen Projekt-Management-Methoden geklärt worden sind: Was ist zu erledigen, bis wann, vom wem, wie lange braucht derjenige dafür, und wie entwickeln sich die Kosten?
Vielleicht ist ja nicht die Planung das Problem, sondern die Orchestrierung. Wie viele dieser Projekte werden gleichzeitig bearbeitet? Wenn ein Mensch oder ein Team an einem Projekt arbeitet, dann gibt es keine Konflikte zwischen den Projekten. Sobald aber ein Menschen oder eine Team an mehr als einem Projekt arbeitet, stellt sie oder er oder es (das Team) einen Engpass dar. Es kann nicht mehr die volle Kapazität an eine Arbeit gebunden werden – die vorhandene Kapazität muss aufgeteilt werden. Wenn alle Aufgaben, zwei, drei, vier oder mehr, gleichrangig nebeneinander stehen, dann muss der Mensch oder das Team ständig zwischen den Aufgaben hin- und her springen, um ihnen gerecht werden zu können. Aus der Sicht der Aufgabe steht die Ressource nur noch anteilig zur Verfügung und sie braucht bei jeder Zuwendung Einarbeitungszeit. Von der wenigen Zeit, die zur Verfügung steht, kann also auch nicht alles produktiv verwendet werden. Das ist wahnsinnig ineffizient, führt zu Unzufriedenheit und schließlich zum Scheitern des Projekts!
Es ist die dedizierte Aufgabe ‚des‘ Managements eine Rangfolge zwischen konkurrierenden Werkstücken zu erstellen. Es ist die Aufgabe des Managements zu priorisieren. Und priorisieren bedeutet nicht zu entscheiden woran gearbeitet wird, sondern woran nicht. Wenn alles Priorität 1 hat, dann ist nichts mehr wichtig und nichts wird mehr fertig. Dann verfügt meine Organisation über einen haufen guter Projektpläne, hat aber keine Ahnung wann und ob jemand Zeit hat diese umzusetzen. Wenn alle Aufgaben gleich wichtig sind, alles ‚Prio 1‘ hat, dann zeigt dies in erster Linie einen absoluten Führungsmangel in der Organisation.
Wenn das Management nicht entscheiden kann, dann muss es trotzdem entscheiden. Das ist Führung. Delegiert es die Entscheidung in die Operative und drückt sich damit vor seiner Verantwortung, dann wird die Strategie der Organisation in die Hände der Operativen gelegt. Und das hört sich genauso falsch an, wie es sich anfühlt und auch ist. Führung, die nicht weiß, dass sie ihre Organisation überlastet, bietet ein schlechtes Management. Wenn alles gleich wichtig ist, Priorität-1, mit Sternchen und Leuchtturm Projekte, dann wird es höchste Zeit, dass das Führungspersonal ausgetauscht wird.
Ob flussbasiertes Arbeiten, New Work oder Agilität - entscheident ist, dass man ein klares Businessziel definiert. Auf dieses muss das gewählte Vorgehen einzahlen. Das Schlimmste ist, wenn die Methode selbst zum Ziel wird.
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